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Bitterstoffe sind in den letzten Jahren zunehmend ins Zentrum der Gesundheitsforschung gerückt. Ihre positiven Effekte auf unseren Appetit, das Körpergewicht und den Blutzucker wurden bereits in zahlreichen Studien untersucht und auch ich habe sie deshalb in meinem 1. Blogartikel dieser Serie über Bitterstoffe näher erörtert. In diesem 2. Teil möchte ich nun gerne auf die vielfach noch unbekannten Wirkungen der Bitterstoffe auf unser Immunsystem, den Blutdruck und unsere Verdauung eingehen und hoffe, es ist viel Spannendes für dich dabei!
Wie bereits in Teil 1 erwähnt, zählen Bitterstoffe zu den sogenannten sekundären Pflanzeninhaltsstoffen und entfalten ihre Wirkung durch das Andocken an Bitterrezeptoren in unserem Körper. Diese Bitterrezeptoren befinden sich auf der Oberfläche unterschiedlichster Zelltypen, was die sehr gewebespezifischen Wirkungen von Bitterstoffen in unserem Körper erklärt. Genau betrachtet, kommt es durch die Interaktion der Bitterstoffe mit den Rezeptoren zu einer Kaskade von Reaktionen innerhalb der Zelle, die zur Freisetzung verschiedener Substanzen führt. Diese rufen dann wiederum unterschiedliche Effekte im Körper hervor.
Zum Beispiel kann die Freisetzung von ATP eine Erregung nachgeschalteter Nervenzellen auslösen, was im Gehirn einen bitteren Geschmackseindruck entstehen lässt. Wird hingegen das Darm-Hormon GLP-1 aus einer Darmzelle freigesetzt, kann ein Sättigungsgefühl sowie blutzuckersenkende Effekte ausgelöst und Verdauungsvorgänge angestoßen werden. Diese Mechanismen machen Bitterstoffe zu grandiosen Helfern bei der Appetitkontrolle, beim Abnehmen und in der Unterstützung der Verdauung.
Es ist faszinierend, dass Bitterrezeptoren nicht nur in den Geschmackssinneszellen der Zunge und Mundschleimhaut, sondern in vielen anderen Organen gefunden wurden. Dazu gehören der gesamte Magen-Darm-Trakt, die Lunge, die Blutgefäße, das Herz, das Gehirn, die Prostata, die Ovarien, die Haut und sogar die Immunzellen. Diese breite Verteilung erklärt die vielfältigen Wirkungen der Bitterstoffe auf unterschiedliche Körpersysteme.
Wenn Bitterstoffe auf Immunzellen wie Mastzellen und Makrophagen treffen, können sie z.B. die Freisetzung verschiedener Entzündungs- und Immunbotenstoffe beeinflussen. Besonders an den Schleimhäuten, die die erste Verteidigungslinie unseres Körpers gegenüber der Außenwelt darstellen, entfalten Bitterstoffe diese Wirkung. Ein bemerkenswerter Effekt ist die Stimulation der Abgabe von antimikrobiellen Peptiden, die als körpereigene Antibiotika die Zusammensetzung der Darmflora deutlich beeinflussen können. Dies ist von großer Bedeutung, da unsere Darmflora einen erheblichen Einfluss auf unsere Gesundheit und insbesondere auf unser Immunsystem hat.
Auch in den Atemwegen können Bitterstoffe wirken. In den Schleimhautzellen der Bronchien veranlassen sie die Freisetzung antimikrobieller Peptide und die Produktion von Stickstoffmonoxid (NO). NO ist ein Gas und zugleich ein Botenstoff, der sowohl bakteriostatisch wirkt als auch die Bewegungen der Flimmerhärchen auf den Zellen in den Atemwegen stimuliert. Dadurch können Bakterien leichter mit dem Schleim abtransportiert und ausgeschieden werden, was besonders bei Atemwegsinfektionen ein Segen ist.
Bitterstoffe können aber auch die Bronchialmuskulatur entspannen, was sie zu einem vielversprechenden Naturheilmittel in der Therapie des allergischen Asthmas macht.
Diese entspannende Wirkung ausgelöst durch Bitterstoffe, zeigt sich übrigens auch in anderen Bereichen mit sogenannter glatter Muskulatur, wie den Blutgefäßen, dem Magen-Darm-Trakt, den Gallenwegen und der Harnblase. Durch die Entspannung der Gefäßmuskulatur und die Weitstellung der Blutgefäße kann somit der Blutdruck gesenkt werden, was besonders bei Bluthochdruck von therapeutischem Nutzen sein kann.
Die Blutdrucksenkung kommt in erster Linie durch die Aktivierung von Bitterrezeptoren auf Blutgefäßwandzellen zustande, was auch hier die Produktion von Stickstoffmonoxid (NO) zur Folge hat. NO wirkt nicht nur antibakteriell, sondern stark gefäßerweiternd und fördert so die Durchblutung und senkt den Blutdruck. Diese Effekte machen Bitterstoffe zu potenten Pflanzenstoffen in der Prävention und unterstützenden Behandlung von Herz-Kreislauferkrankungen wie Bluthochdruck und Arteriosklerose.
Eine der größten Anwendungsgebiete für Bitterstoffe ist bis heute die Verdauung. Dort lassen sich am schnellsten ihre spürbaren Effekte beobachten. So haben Bitterstoffe die wunderbare Eigenschaft, dass sie die Produktion und Abgabe von Verdauungssäften wie Magensäure, Bauchspeicheldrüsensekret und Galle fördern. Dies kommt dadurch zustande, dass sie an Bitterrezeptoren in der Magen-Darmschleimhaut binden und die Ausschüttung besagter Darmhormonen, wie CCK (Cholecystekinin), Gastrin und Sekretin bewirken. Letztere koordinieren neben der Magenentleerung auch die Abgabe von Verdauungssäften und fördern so die Fett-, Eiweiß- und Kohlenhydratverdauung.
Bitterstoffe sorgen demnach nicht nur für eine Erleichterung bei Völlegefühl, sondern vor allem für einen besseren Aufschluss der Nahrung und eine optimale Freisetzung und Aufnahme von Nährstoffen aus unserem Essen. Die Nährstoffversorgung des Körpers wird so auf natürliche Weise verbessert und Fäulnis- und Gärungsprozesse durch den Abbau von unverdauten Eiweißen, Fetten und Kohlenhydraten durch Bakterien und Pilze vorgebeugt. So kommt es weniger zu belastenden Blähungen, Krämpfen oder Breistuhl.
„Der Mensch lebt nur von dem, was er verdaut!“
Die positiven Wirkungen der Bitterstoffe auf die Verdauung und das Herz-Kreislauf-System sind interessanterweise bereits seit Jahrtausenden in der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) bekannt. Bitteres wird dort dem Feuerelement zugeordnet und mit den Organen Herz, Dünndarm und Verstand sowie der Farbe Rot in Verbindung gebracht. Sie werden zur Ausscheidung von überschüssigem Wasser über die Nieren und zur Stärkung des Herzens bei erhöhtem Blutdruck eingesetzt. Als Mutter des Erdelements kann Bitteres aber auch die Verdauung stärken, da die Organe Magen, Bauchspeicheldrüse und Milz dem Erdelement zugeordnet werden und durch das übergeordnete Mutter-Element genährt wird bzw. in starker Wechselbeziehung steht. Darüber hinaus werden bittere Kräuterauszüge in der TCM auch bei Übergewicht und Wasseransammlungen werden als Diuretikum verordnet.
Moderne wissenschaftliche Studien stützen mittlerweile viele dieser traditionellen Anwendungen und zeigen, dass Bitterstoffe positive Effekte auf die Herz-Kreislauf-Gesundheit haben. Bekannteste Beispiele sind die gut untersuchten Flavonoide im Kakao sowie viele andere Polyphenole, die in Hülsenfrüchten, Obst und Gemüse vorkommen und größtenteils die positiven Wirkungen einer mediterranen Ernährung erklären sollen. Auch wissen wird heute, dass Bitterstoffe die zahlreichen Bitterrezeptoren in der Nähe des Herzens aktivieren und so sowohl die Kontraktion des Herzens reduzieren als auch die Gefäße entspannen und den Blutdruck senken können.
Bitterstoffe können viele unterschiedliche Verdauungsprozesse optimieren und so Verdauungsbeschwerden lindern.
Die Darmflora, heute auch als Mikrobiota bezeichnet, besteht aus Billionen von Mikroorganismen und spielt eine zentrale Rolle für unsere Gesundheit, weil unsere Darmbakterien mit vielen Organen unseres Körpers in Wechselwirkung gehen. Man spricht nicht ohne Grund von Darm-Hirn-Achse, Darm-Leber-Achse oder Darm-Haut-Achse. Bitterstoffe sind interessanterweise in der Lage die Zusammensetzung unserer Darmflora über verschiedene Mechanismen deutlich und positiv zu beeinflussen:
Die Darmschleimhaut spielt ebenfalls eine zentrale Rolle im Verdauungsprozess. Sie produziert nicht nur wichtige Verdauungsenzyme, sondern schützt uns auch vor einem „Leaky gut“ bzw. dem unphysiologisch hohen Eindringen von Darmbakterien, Krankheitserregern und anderen potentiell schädlichen Substanzen, die von außen in den Darm gelangen oder im Darm selbst gebildet werden (z.B. Fäulnisgifte, Schwermetalle, Histamin, Fuselalkohole).
Bitterstoffe tragen zur Gesundheit der Darmschleimhaut bei, indem sie verschiedene Mechanismen unterstützen:
Bitterstoffe sind wahre Multitalente. Durch die regelmäßige Aufnahme kannst du nicht nur Verdauungsprozesse optimieren, die Nährstoffaufnahme verbessern und Verdauungsbeschwerden lindern. Auch kannst du durch die Aufnahme von Bitterstoffen die Zusammensetzung deiner Darmflora positiv beeinflussen, deine Darmschleimhaut, dein Immunsystem und die Gesundheit deiner Blutgefäße stärken.
Damit aber noch lange nicht genug! Im 3. Und nächsten Beitrag dieser Serie werden wir uns näher anschauen, wie Bitterstoffe auch deine Leber und sogar wichtige körpereigene Entgiftungsprozesse im Körper unterstützen können. Auch werde ich spannende Wechselwirkungen zwischen Bitterstoffen und verschiedenen Arten von Fettgewebe in unserem Körper erläutern und zeigen, wie Mitochondrien, die Orte der Energiegewinnung und Fettverbrennung, auf Bitterstoffe reagieren.
Drum bleib‘ gespannt und ich hoffe, wir sehen uns wieder im 3. Teil!
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